Martin Blumentritt: 
         
        Die
existentialistische Philosophie Sartres
Die
Existentialistische Philosophie entfaltete sich vor Jean-Paul Sartre
durchgängig in deutscher Tradition als Konsequenz des
Verfallsprozesses des absoluten Idealismus Hegels, in Anknüpfung
gegenaufklärerischer und romantischer Motive bzw. in Abkehr vom
cartesischen Rationalismus. 
Sartre
stellt einen Bruch mit dieser Tradition dar, sofern er seine
phänomenologische Ontologie innerhalb der cartesischen Tradition
ansiedelt, in kritischer Solidarität mit dem Rationalismus und
sofern die »Über-Setzung« nach Frankreich der
Existenzphilosophie eine andere Wendung gab, nämlich die einer
Radikalisierung der cartesischen Wende zur
Selbstbewußtseinsphilosophie zur frei sich bestimmenden
Subjektivität. 
Sartre
ist ebenso Descartes verpflichtet wie ein Fichte näher gerückter
Hegel, wie der Existenzphilosophie, die sich in Anschluß
an Schelling bei Kierkegaard, Husserl und Heidegger entfaltete. Im
Roman »Der Ekel« - vor dem Erscheinen von das Sein und
das Nichts 1942 - bestimmt Sarte erstmals seinen Existenz-Begriff. 
»Das
	Wesentliche ist das Zufällige. Die Existenz ist nicht - wenn
	man sie definieren will - das Notwendige. Existieren, das heißt
	einfach: da sein. Die Existierenden, das heißt einfach: da
	sein. Die Existierenden erscheinen, sie lassen sich antreffen, aber
	niemals kann man sie herleiten. Es gibt Leute, glaube ich, die das
	begriffen haben. Sie haben versucht, dieser Zufälligkeit Herr
	zu werden, indem sie ein notwendiges, ein in sich begründetes
	Sein erfanden. Kein notwendiges Sein aber kann die Existenz
	erklären: Die Zufälligkeit ist nicht ein falsches
	Scheinen, eine äußere Erscheinungsform, die man
	verscheuchen kann - sie ist das Absolute und mithin das vollkommen
	Zwecklose.« (J.P.Sartre, Der Ekel, 1938, S. 139) 
Der
Existenzbegriff wird ganz traditionell aufgenommen. Vom lateinischen
existere (hervortreten, zum Vorschein kommen) abgeleitet, wird der
Begriff in der christlichen Scholastik verwendet, in Zusammenhang des
Begriffspaares existentia - essentia, das den Unterschied zwischen
dem Wesentlichen, Allgemeinen, Notwendigen und dem Unwesentlichen,
Besonderen, Zufälligen markiert. Essentia war neben substantia
die Übertragung des aristotelischen Begriffs des Eidos, das die
platonische Ideenlehre modifizierte. 
Platon
zufolge hatten die materiellen Dinge Struktur und Gestalt nur vermöge
der Teilhabe an ihren ideellen Urbildern, die unvergänglichen
Ideen der Sache konnten dem Vergänglichen, Zufälligen nicht
innewohnen, sondern mußten jenseits von ihm in einer
überirdischen Sphäre existieren. Der erkenntnisbemühte
Mensch mußte durch die abstrahierende Verneinung alles Diffusen
und Nichtbegrifflichen an den Dingen zu den Ideen sich erheben, um
den trügerischen Schein der Sinnesdinge zu erkennen. Dem
berühmten Höhlengleichnis zufolge sollte der Mensch aus der
Höhle, d.h. aus der Welt der sinnlichen Wahrnehmung,
herausgeführt werden, in der die Menschen gleichsam wie
Gefangene, die gefesselt sind, nur in eine Richtung gucken können
und so nur die Schattenbilder, die durch ein Feuer erzeugt wird, daß
hinter ihnen brennt, erkennen können. Die empirischen Dinge
gelten nur als Schatten der Ideen der Sachen als des wahrhaft
Seienden. 
Dieser
Gedanke war Stiftungsgedanke der affirmativen Metaphysik, die nach
den positiven Gründen der Erscheinungen suchte. Auch die
aristotelische Substanzmetaphysik bis hin zu Hegel suchte das höchste
Wesen im Denken selber bzw. in einer objektiven Vernunft bzw. im
Geist. Dies wurde durch den spätmittelalterlichen
Universaliennominalismus, der nur den Einzeldingen Realität
zugestand, radikal in Frage gestellt. Damit wird an sich auch der
bislang festgeglaubte Vorrang der essentia vor der existentia in
Frage gestellt. Zunächst allerdings gilt der Geist in der Weise
der menschlichen Subjektivität als das höchste Wesen und
dem Menschen kam die Aufgabe zu, die Einheit von Wesen und Existenz
zu stiften und zu bewahren, was er als endliches, geschichtliches
Wesen allerdings schwerlich bewältigen kann. Aus diesem Problem
entsprang die Transzendentalphilosophie und die existentialistische
Bewegung. 
Von
Kant ging eine Denkentwicklung aus, die zugleich die nominalistische
Destruktion der Metaphysik zu vollenden, wie die Begründung der
Objektivität unter deren Voraussetzung zu begründen
trachtete. Die traditionelle Metaphysik basierte das Seiende in einem
Wesen, das seinen Ursprung in der kontingenten Welt der Abstraktion
vom Nichtidentischen ignorierte, aber teilweise bereits aussprach. 
Schon
Aristoteles wußte von der Leistung des Subjekts bei der
Abstraktion der Allgemeinbegriffe, ohne daß er die affirmative
Metaphysik Platons überwand: Die Abstraktion brachte ihm zufolge
nur zum Vorschein, was an sich in den Dingen bereits vorlag. So
bestand das Wesen nur in der abstraktiven Verdopplung des Seienden. 
Der
Fortschritt durch die nominalistische Kritik führte aber zu
einer Wende auf dem Boden des Nominalismus selber, der das reine Sein
auf menschliches Denken zwar relativierte, aber das Denken selber zum
Absoluten erklärte. Das reine Sein gewann als reines Ich seine
universale Herrschaft zurück. Erkenntnis im Sinne der adaequatio
intellectus et rei war bei Kant nur noch als eine möglich in der
die Pole - Subjekt und Objekt -. als durch ein gemeinsames
transzendentales Bewußtsein, als transzendental konstituiert
gedacht werden konnte. Das Subjekt bezieht sich in seinen
aposteriorischen Urteilen auf apriorische, durch welche das
chaotische Sinnesmateriel dem Subjekt erst als einheitlicher
Gegenstand erscheinen kann. 
Seiendes
basiert seiner logischen Möglichkeit nach auf synthetischen
Urteilen a priori. Zwar liegt der Erscheinung noch ein intelligbles
Subtrat zugrunde, die Dinge an sich selber betrachtet, aber eine
Funktion für die inhaltliche Erkenntnis wird diesem systematisch
nicht eingeräumt. Der nachfolgende Idealismus zog daraus die
Konsequenz, die über den Nominalismus wieder hinausweist, so daß
schließlich das »Seiende an sich«   als absolut
unbestimmtes galt. Das Nichtidentische blieb bei Kant zwar als
ignotum x aus der Identität des Subjekts ausgeschlossen, es galt
aber nicht konstitutiv für den Denkprozeß selber, so daß
die idealistische Konsequenz war, daß auch dieses unter seinen
Gesetzen stehe. Diese Konsequenz zog Fichte, indem er die kantische
Transzendentalphilosophie in einen subjektiven Idealismus
verwandelte. 
Die
cartesische Ausgangsposition des Zweifels, die aus der Tradition
Montaignes stammt, bestimmt auch Sartres ontologischen Ansatz beim
Pour-soi (Fürsichsein). Der Ansatz, der nicht bloß
methodisch, sondern ontologisch zu verstehen ist, führt Sartre
in die Nähe des subjektiven Idealismus Fichtes. Die
Entgegensetzung von Existenz und Essenz finden wir auch bei Fichte.
Das Ich gilt Ficht als frei, indem und dadurch, daß es sich
frei setzt, sich befreit. Und es setzt sich frei, indem es frei ist.
Bestimmung und Sein sind eins. 
Während
die Selbstgewißheit des Cogito bei Descartes noch ein
vernünftiges Universum offenbaren sollte, ist bei Sartre
allerdings das cogito in eine absurde Welt geworfen. Die Welt ist
frei von Zweck und Hoffnung. Während die cartesische Welt eine
der Berechenbarkeit war, die auf das Wissen und Handeln antwortete,
gilt sie Sartre als ein Zirkel von Enttäuschung und Mißerfolg.
Während Descartes System noch Gott Raum ließ - und er
benötigte einen Gottesbeweis um die Vermittlung von res cogitans
und res extensa zu ermöglichen - ist die Welt Sartres gottlos
und der »transzendentalen Obdachlosigkeit«  (Lukacs)
ausgeliefert. 
Das
Denken Sartres führt nun nicht zum Irrationalismus, zu Revolte
gegen die Vernunft. Der Mensch sucht ihm zufolge mit einer
erbarmungslosen Klarheit und Destinktheit des Geistes seine Freiheit
und sein Glück in einer Welt ohne jegliche Hoffnung. Den
Existentialismus versteht er als eine Lehre, in der die Existenz dem
Wesen, der Essenz vorausgeht und jenes beständig hervorbringt. 
Anders
als in der späteren an Marx mehr orientierten Kritik der
dialektischen Vernunft ist die Existentialanalyse in »Das Sein
und das Nichts«  noch eine metaphysische und metahistorische
Position. Marcuse hat darauf hingewiesen, daß der frühe
Existentialismus Sartres gleichsam der Ideologie unterliegt, die er
angreift. »Das Sein und das Nichts«  ist ein
ontologisch-phänomenologischer Traktat über menschliche
Freiheit und hypostasiert so spezifisch historische Bedingungen in
ontologische und metaphysische Kennmale. (Vgl. Marcuse, Kultur und
Gesellschaft 2 S. 52) 
Sartre
interpretiert das cartesische cogito unter Rückgriff auf Hegels
Phänomenologie des Geistes - insbesondere des
Selbstbewußtsein-Kapitels - und Heideggers Sein und Zeit. 
	»Die
	Erscheinung wird nicht von irgendeinem von ihr verschiedenen
	Existierenden getragen: sie hat ihr eigenes Sein. Das erste Sein,
	dem wir in unseren ontologischen Untersuchungen begegnen, ist als
	das Sein der Erscheinung. Ist es selber eine Erscheinung? Das sieht
	zunächst so aus. Das Phänomen ist das, was sich
	manifestiert, und das Sein manifestiert sich allen in irgendeiner
	Weise, da wir darüber sprechen können und ein gewissens
	Verständnis davon haben. Somit muß es ein Seinsphänomen
	geben, eine Seinserscheinung, die als solche beschreibar ist. Das
	Sein wird uns durch irgendein Mittel des unmittelbaren Zugangs,
	Langeweile, Ekel usw., enthüllt werden, und die Ontologie wird
	die Beschreibung des Seinsphänomens sein, wie es sich
	manifestiert, d.h. ohne Vermittlung.« (Das Sein und das Nichts,
	S.14) 
Die
Differenz von Dingen an sich selber betrachtet und Erscheinungen für
uns im metaphysischen Sinne wird unterlaufen, indem die Erscheinung
das Sein nicht verhüllt, sondern enthüllt: »Das Sein
eines Existierenden ist genau das, als was es erscheint.« (a.a.O.,
S. 10) Dies bedeutet allerdings nicht eine Reduktion des Seins auf
das Denken, denn Sartre unterscheidet ausdrücklich das im
Bewußtsein erscheinende Seinsphänomen vom
bewußtseinstranszendenten Sein des Phänomens.  »...das
Seinsphänomen ist ontologisch in dem Sinn, wie man den
Gottesbeweis des heiligen Anselm und des Descartes ontologisch
nennt.« (a.a.O. S. 16) 
In
einem modifizierten, nämlich im phänomenologischen Sinne,
nimmt Sartre dann doch die Unterscheidung zwischen Sein-an-sich und
Sein-für-uns auf. Das Seinsphänomen ist Sein-für-uns,
das Sein des Phänomens ist transphänomenal, Sein-an-sich,
en-soi. Phänomenologisch ist das An-sich kein verborgeness X
hinter der Erscheinung, sondern die vom Bewußtsein unabhängige
Existenz der Phänomene selber. 
Der
Begriff des en-soi, des An-Sich, erschöpft allerdings nicht den
Sinn des transphänomenalen Seins. Phänomen ist alles das,
was existierend dem Bewußtsein gilt, transphänomenal ist:
die Existenz selber, die Daßheit. Dies gilt nun auch für
das cogito, für das Bewußtsein selber. Da das Bewußtsein
intentionales Bewußtsein ist, auf ein anderes Existierendes
gerichtet ist und auf sich selber, ist es im Daß seiner
Existenz immer ein Verhältnis zu sich und Differenz zu sich.
Sein Existieren ist en-soi und pour-soi, An-Sich und Für-Sich
zugleich. 
Ging
es Descartes um die Erkenntnisgewißheit des cogito, so geht es
Sartre ähnlich wie bereits dem jungen Schelling um die
Seinsgewißheit. Es geht nicht bloß um das Bewußtsein
von sich im Sinne eines thetischen Bewußtseins, sondern um das
Sein des Bewußtseins selber. In jedem Gedanken, Gefühl,
Wunsch, Handlung bin ich Bewußtsein meiner selber, ich habe
nicht nur ein Bewußtsein von mir, muß es auch nicht
jederzeit haben. 
	»...das
	nicht-reflexive Bewußtsein ermöglicht erst die Reflexion:
	es gibt eine präreflexives Cogito, das die Bedingung des
	kartesischen Cogito ist.« (a.a.O. S. 22) 
Das
ego cogitans Sartres hat zwei Bedingungen, einmal das An-sich-Sein
des Existierenden, das es nicht selber ist und seine präreflexive
Existenz, das Sein des Bewußtseins, das es immer schon ist. Wir
haben also zweierlei transphänomenales Seins, das Sein der
Phänomene (An-sich-sein) und das Sein des
Bewußtseins(Für-sich-sein), das dem Phänomen des
Seins (dem Für-uns-sein) gegenübergestellt wird. Dies
wiederum ist nicht damit zu verwechseln, daß das An-sich und
Für-sich als nichtmenschliches und menschliches Sein
unterschieden wäre. Das menschliche Sein ist nur als der
Unterschied von Für-sich und An-sich: 
»Wir
	hatten bereits in der Einleitung das Bewußtsein als einen Ruf
	nach Sein entdeckt und gezeigt, daß das Cogito unmittelbar auf
	ein An-sich-sein als Gegenstand des Bewußtseins
	verwies. Aber nach der Beschreibung des An-sich und des Für-sich
	erschien es uns schwierig, zwischen beiden eine Verbindung
	herzustellen, und wir fürchteten, in einen unüberwindlichen
	Dualismus zu geraten. Ein solcher Dualismus drohte uns noch auf
	andere Art: insofern man nämlich vom Für-sich sagen
	konnte, daß es ist, befanden wir uns zwei radikal
	verschiedenen Seinsmodi gegenüber, dem des Für-sich, das
	das zu sein hat, was es ist, das heißt, das das ist, was es
	nicht ist, und das nicht das ist, was es ist, und dem des An-Sich,
	das das ist, was es ist. Wir haben uns daraufhin gefragt, ob die
	Entdeckung dieser beiden Seinstypen nicht auf einen Hiatus
	hinausliefe, der das Sein, als allen Existierenden zukommende
	allgemeine Kategorie, in zwei nicht kommunizierbare Regionen
	spaltet, in deren jeder der Seinsbegriff in einer ursprünglichen
	und besonderen Bedeutung erfaßt werden müßte. 
	Unsere
	Untersuchungen haben uns ermöglicht, die erste Frage zu
	beantworten: das Für-sich und das An-sich sind durch eine
	synthetische Verbindung vereinigt, die nichts anderes ist als das
	Für-Sich selbst. Das Für-sich ist nichts andres als die
	reine Nichtung des An-sich; es ist wie eine Seinsloch innerhalb des
	Seins. (...) das Für-sich erscheint als eine winzige Nichtung,
	die innerhalb des Seins ihren Ursprung hat; und diese Nichtung
	genügt, damit dem An-sich eine totale Umwälzung geschieht.
	Diese Umwälzung ist die Welt.« (a.a.O. S.1055f) 
Die
Argumentation und Begriffe übernimmt Sartre aus Hegels
Selbstbewußtseinskapitel der »Phänomenologie des
Geistes« . 
	»Das
	einfache Ich ist diese Gattung oder das einfache Allgemeine, für
	welches die Unterschiede keine sind, nur, indem es negatives Wesen
	der gestalteten selbstständigen Momente ist; und das
	Selbstbewußtsein hiemit seiner selbst nur gewiß, durch
	das Aufheben dieses andern, das sich ihm als selbstständiges
	Leben darstellt; es ist Begierde. Der Nichtigkeit dieses Andern
	gewiß, setzt es für sich dieselbe als seine Wahrheit,
	vernichtet den selbständigen Gegenstand und gibt sich dadurch
	die Gewißheit seiner selbst, als wahre Gewißheit, als
	solche, welche ihm selbst auf gegenständliche Weise geworden
	ist.« (Hegel, Phänomenologie des Geistes, WW Bd. 3 S. 143) 
Die
negatorische Separation des Selbstbewußtseins vom bloßen
Leben und der unorganischen Natur, die Distanzierung von Natur ist
die erste Bestimmung der Subjektivität, die als negatives Wesen.
Von hier aus ist auch zu verstehen, was mit Nichts gemeint ist, wenn
Sartre davon spricht, daß das menschliche Dasein »das
Sein, durch das das Nichts zur Welt kommt« (Das Sein und das
Nichts, S. 81) ist. Sartre schließt sich hierbei eng an
Heidegger an, wenn er schreibt, daß das menschliche Dasein »das
Sein (ist), dem es in seinem Sein um das Nichts seines Seins
geht« (a.a.O. S. 83) 
In
Sein und Zeit heißt es: 
	»Das
	Sein selbst, zu dem das Dasein sich so oder so verhalten kann und
	immer irgendwie verhält, nennen wir Existenz. Und weil die
	Wesensbestimmung dieses Seienden nicht durch Angabe eines
	sachhaltigen Was vollzogen werden kann, sein Wesen vielmehr darin
	liegt, daß es je sein Sein als seiniges zu sein hat, ist der
	Titel Dasein als reiner Seinsausdruck zur Bezeichnung dieses
	Seienden gewählt. Das Dasein versteht sich selbst immer aus
	seiner Existenz, einer Möglichkeit seiner selbst, es selbst
	oder nicht es selbst zu sein. Diese Möglichkeiten hat das
	Dasein entweder selbst gewählt oder es ist in sie hineingeraten
	oder je schon darin aufgewachsen.« (Martin Heidegger, Sein und
	Zeit, S. 12) 
Insbesondere
wird das auch deutlich in der Analyse der Grundbefindlichkeit der
Angst (S. 184ff) und dem Ruf der Sorge: 
	»Das
	angerufene Selbst bleibt in seinem Was unbestimmt und leer.« 
	(a.a.O. S. 274) 
Sein
und Zeit beginnt mit der Analyse des Begriffs der Frage: 
»Jedes
	Fragen ist ein Suchen. Jedes Suchen hat sein vorgängiges Geleit
	aus dem Gesuchten her: Fragen ist erkennendes Suche des Seienden in
	seinem Daß- und Sosein. Das erkennende Suchen kann zum
	'Untersuchen' werden als dem freilegenden Bestimmen dessen, wonach
	die Frage steht. Das Fragen hat als Fragen nach... sein Gefragtes.
	Alles Fragen nach... ist in irgendeiner Weise Anfragen bei... Zum
	Fragen gehört außer dem Gefragten ein Befragtes. In der
	untersuchenden, d.h. spezifisch theoretischen Frage soll das
	Gefragte bestimmt und zu Begriff gebracht werden. Im Gefragten liegt
	dann als das eigentlich Intendierte das Erfragte, das, wobei das
	Fragen ins Ziel kommt. Das Fragen selbst hat als Verhalten eines
	Seienden, des Fragers, einen eigenen Charakter des Seins.« (a.a.O.
	S. 5) 
Die
Trennung des Für-sich von An-sich erklärt Sartre im Kontext
einer ebensolchen Thematisierung des Fragens selbst: 
	»In
	der Frage befragt man ein Sein über sein Sein oder seine
	Seinsweise. Und diese Seinsweise oder dieses Sein ist verhüllt:
	es bleibt immer eine Möglichkeit offen, daß es sich als
	ein Nichts enthüllt. Aber gerade weil man damit rechnet, daß
	ein Existierendes sich immer als nichts enthüllen kann, setzt
	jede Frage ein nichtendes Abrücken vom Gegebenen voraus, das
	eine bloße zwischem dem Sein und dem Nichts oszillierende
	Präsentation wird. Es kommt also darauf an, daß der
	Fragende ständig die Möglichkeit hat, sich von den
	Kausalreihen zu lösen, die das Sein konstituieren und die nur
	Sein hervorbringen können. Denn wenn wir annähmen, daß
	die Frage im Fragenden durch den universalen Determinismus bestimmt
	sei, so wäre sie nicht mehr intelligibel und nicht einmal
	denkbar. Eine reale Ursache bringt ja eine reale Wirkung hervor; und
	das verursachte Sein ist durch die Ursache ganz und gar in die
	Positivität engagiert: in dem Maß, wie es in seinem Sein
	von der Ursache abhängt, kann es darin nicht den kleinsten Keim
	von Nichts geben; insofern der Fragende gegenüber dem Befragten
	so etwas wie einen nichtende Abstand einnehmen können muß,
	entgeht er der Kausalordnung der Welt, löst er sich vom Leim
	des Seins. (...) So ist mit der Frage eine gewissen Dosis Negatität
	in die Welt eingeführt: wir sehen, wie das Nichts die Welt
	irisiert und auf den Dingen schimmert. Aber gleichzeitig geht die
	Frage von einem Fragenden aus, der sich selbst in seinem Sein als
	fragend motiviert, indem er sich vom Sein abhebt. Sie ist also ihrer
	Definition nach ein menschlicher Prozeß. Der Mensch bietet
	sich, wenigstens in diesem Fall, als ein Sein dar, das das Nichts in
	der Welt aufbrechen läßt, insofern es sich selbst zu
	diesem Zweck mit Nicht-sein affiziert.« (Das Sein und das
	Nichts, S. 81f) 
Die
moderne Anthropologie kennt auch diese Negatität, wenn man das
spezifisch menschliche Symbolvermögen bedenkt, das
Bedeutungsgebungen ermöglicht, die keinerlei biologischen Sinn
haben, die Harold Lincke zufolge ihren evolutionären Vorläufer
in den Fehlprägungen haben, die eng mit der Instinktreduktion
des Menschen zusammenhängen. Die optimale Realisation dieser
Möglichkeit des Nichts hat allerdings, wie Hegels
Herr-und-Knecht zeigt, historische Bedingungen. Das
Herrschaftsverhältnis bringt den Herrn erstmals in eine solche
Distanz zur Natur, weil der Knecht sich an der Kausalität
abarbeitet, während der Herr von der Tätigkeit freigesetzt
wird. Dieser Akt ist allerdings auch einer der Entfremdung von Natur,
die mit der bürgerlichen Gesellschaft vollendet wird. Darauf ist
noch zurückzukommen bei der Dialektik der Anerkennung bzw. des
Skandals des Anderen. Zurück zur Frage des Fragens. 
Die
Möglichkeit des Fragens setzt voraus, daß etwas nicht
fraglos gegeben ist, daß die erfahrbaren Dinge, Ereignisse,
Vorkommnisse nicht in ihrem Gegebensein aufgehen, sondern der
Differenzierung von Sein und Nichts zugänglich sind. Etwas muß
anders sein können als es ist, als es im Hier und Jetzt
erscheint, und ich muß das wissen, sonst würde ich nicht
fragen wollen. Sartre faßt dies ontologisch auf, was bei Hegel
historisch aufgefaßt wird, Freiheit gehört bei Sartre zum
Sein des Menschen. 
	»Was
	zunächst mit Evidenz erscheint, ist, daß die
	menschliche-Realität sich nur dann von der Welt losreißen
	kann - in der Frage, im methodischen Zweifel, im skeptischen
	Zweifel, in der 'Epoc¹' usw. -, wenn
	sie von Natur aus ein Losreißen von sich selbst ist. Das hatte
	Descartes gesehen, der den Zweifel auf die Freiheit gründet,
	indem er für uns die Möglichkeit beansprucht, unsere
	Urteile auszusetzen - und so nach ihm auch Alain. In diesem Sinn
	behauptet auch Hegel die Freiheit des Geistes, insofern der Geist
	die Vermittlung, das heißt das Negative ist. Und außerdem
	ist es eine der Strömungen der zeitgenössischen
	Philosophie, im menschlichen Bewußtsein eine Art Losreißen
	von sich zu sehen: das ist der Sinn der Heideggerschen Transzendenz;
	die Intentionalität Husserls und Brentanos hat auch, in mehr
	als einer Hinsicht, das Merkmal eines Losreißens von
	sich.« (a.a.O. S. 85) 
Menschliche-Realität
mit einem Bindestrich verbunden deutet darauf hin, daß es sich
im einen besonderen Terminus handelt, nämlich dem Heideggerschen
Dasein, die besondere Seinsweise des Menschen. Und dieses besteht
nach Sartre in der Freiheit: 
	»Es
	ist uns noch nicht möglich, das Freiheitsproblem in seinem
	ganzen Umfang zu behandeln. Denn die bisher vollzogenen Schritte
	zeigen klar, daß die Freiheit keine Fähigkeit der
	menschlichen Seele ist, die isoliert betrachtet und beschrieben
	werden kann. Was wir zu definieren versuchten, ist das Sein des
	Menschen, insofern die Erscheinung des Nichts von ihm bedingt wird
	und dieses Sein ist uns als Freiheit erschienen. So ist die Freiheit
	als die für die Nichtung des Nichts erforderliche Bedingung
	keine Eigenschaft, die unter anderen zum Wesen des
	menschlichen Seins gehörte. (...) Die menschliche Freiheit geht
	dem Wesen des Menschen voraus und macht dieses möglich, das
	Wesen des menschlichen Seins steht in seiner Freiheit aus. Was wir
	Freiheit nennen, ist also unmöglich vom Sein der
	'menschlichen-Realität' zu unterscheiden. Der Mensch ist
	keineswegs zunächst, um dann frei zu sein,
	sondern es gibt keinen Unterschied zwischem dem Sein des Menschen
	und seinem 'Frei-sein'.«  (a.a.O. S. 84) 
Freiheit
ist die beständige Möglichkeit negatorischer Distanzierung
vom Gegebenen. Dies ist nicht identisch mit einer bloßen
Innerlichkeit. Auch hier zeigt sich eine Ähnlichkeit mit Fichte,
dessen Ich auch des äußeren Anstoßes, der
Überwindung von Widerstand bedarf. 
	»Es
	ist nichts anderes als der Entwurf einer Ordnung der Existierenden,
	das heißt eine Reihe von Dispositionen, die von den
	Existierenden auf der Grundlage ihrer gegenwärtigen Beziehungen
	vorzunehmen sind. Durch die interne Negation erhellt ja das Für-sich
	die Existierenden in ihren gegenseitigen Beziehungen durch den
	Zweck, den es setzt, und entwirft diesen Zweck von den Bestimmungen
	her, die es im Existierenden erfaßt. Hier gibt es (...) keinen
	Zirkel, denn das Auftauchen des Für-sich geschieht auf einen
	Schlag. Wenn dem aber so ist, dann ist gerade die Ordnung der
	Existierenden für die Freiheit selbst unentbehrlich. Durch die
	Existierenden ist sie getrennt und wieder vereinigt in bezug auf den
	Zweck, den sie verfolgt und der ihr anzeigt, was sie ist. So daß
	Widerstände, die die Freiheit des Existierenden enthüllt,
	keineswegs eine Gefahr für die Freiheit sind, sondern ihr erst
	ermöglichen, als Freiheit aufzutauchen. Ein freies Für-sich
	kann es nur als engagiert in eine Widerstand leistende Welt geben.
	Außerhalb dieser Engagiertheit verlieren die Begriffe
	Freiheit, Determination, Notwendigkeit sogar ihren Sinn.« (a.a.O.
	S.836) 
Freiheit
ist immer Freiheit in Situation und Situation gibt es nur durch
Freiheit. Sartre geht von einer Faktizität der Freiheit aus. Die
Freiheit ist somit nichts als die Heideggerische Zeitlichkeit und
Geschichtlichkeit des endlichen Existierenden: 
	»Wir
	haben festgestellt, daß das Für-sich frei sei. Aber das
	bedeutet nicht, daß es sein eigener Grund sei. Wenn frei sein
	sein eigener Grund sein bedeutete, müßte Freiheit über
	die Existenz ihres Seins entscheiden. Und diese Notwendigkeit
	läßt sich auf zwei Arten verstehen. Zunächst müßte
	die Freiheit über ihr Frei-sein entscheiden, daß heißt
	nicht nur, daß sie Wahl eines Zwecks wäre, sondern Wahl
	ihrer selbst als Freiheit. Das würde voraussetzen, daß
	die Möglichkeit, frei-zu-sein, und die Möglichkeit, nicht
	frei zu sein, in gleicher Weise vor der freien Wahl einer von ihnen
	existierten, daß heißt vor der freien Wahl der Freiheit.
	Aber da es dann einer vorherigen Freiheit bedürfte, die wählte
	frei zu sein, das heißt im Grunde, die das zu sein wählte,
	was sie schon ist, wären wir unendlich weiter verwiesen, denn
	sie bedürfte einer anderen, früheren Freiheit, um wählen
	zu können, und so fort. Tatsächlich sind wir eine
	Freiheit, die wählt, aber wir wählen nicht, frei zu sein:
	wir sind zur Freiheit verurteilt, (...) in die Freiheit geworfen
	oder, wie Heidegger sagt, ihr 'überantwortet'- Und wie man
	sieht, hat dieses Überantwortet-sein keinen anderen Ursprung
	als eben die Existenz der Freiheit.« (a.a.O. S. 838) 
Die
Situation ist, wie bereits erwähnt, Grenze der Freiheit als
einer Faktizität. Freiheit existiert nur in einer Situation, in
der diese überschritten oder anerkannt, hingenommen, geleugnet
wird, gar unterwirft man sich der Situation. Die Situation ist der
Platz, den ich einnehmen muß, sofern ich leiblich existiere.
Dies geht zurück bis zu dem Platz der Geburt. (vgl. a.a.O. 847)
Dies ist die erste Bestimmung von Situation. Der Platz an dem ich
mich jetzt befinde, verweist auf meine Vergangenheit als Bestimmung
meiner Situation als der zweiten Bestimmung der Situation. Die
Vergangenheit ist gewesen und damit unabänderlich, wie der
Geburtsort. Allerdings ist die Vergangenheit nicht abgegolten, sofern
sie nur das ist, was in meinem Werden-können wird: 
	»Die
	Zukunft entscheidet, ob die Vergangenheit lebendig oder tot ist.
	Denn die Vergangenheit ist ursprünglich Entwurf als das
	aktuelle Auftauchen meines Seins. Und gerade in dem Maß, wie
	sie Entwurf ist, ist sie Vorwegnahme; ihr Sinn geschieht ihr durch
	die Zukunft, die sie vorzeichnet. Wenn die Vergangenheit vollständig
	in die Vergangenheit gleitet, hängt ihr absoluter Wert von der
	Bestätigung oder Nichtbestätigung der Vorwegnahmen ab, die
	sie war. Aber eben von meiner aktuellen Freiheit hängt es ab,
	ob sie den Sinn dieser Vorwegnahme bestätigt, indem sie einfach
	eine andere Zukunft vorwegnimmt. In diesem Fall sinkt die
	Vergangenheit kraftlos zurück wie eine entwaffnete und
	betrogene Erwartung; sie ist 'kraftlos'. 
	Denn
	die einzige Kraft der Vergangenheit geschieht ihr durch die Zukunft:
	in welcher Weise ich lebe oder meine Vergangenheit einschätze,
	ich kann das nur im Licht eines Entwurfs meiner selbst auf die
	Zukunft hin tun. So bestimmt die Ordnung meiner Zukunftswahlen eine
	Ordnung meiner Vergangenheit, und diese Ordnung hat nichts
	Chronologisches: Zunächst gibt es die stets lebendige und stets
	bestätigte Vergangenheit: mein Liebesengagement, die
	Geschäftsverträge, das Bild von mir, dem ich treu bin.
	Sodann die Vergangenheit, die mir nicht mehr gefällt und die
	ich auf einem Umweg behalte...« (a.a.O. S. 862) 
Der
Platz und die Vergangenheit situieren mich aber nicht in einer
statischen Raum-Zeit, sondern in einer Umgebung, die sich ständig
verändert, in der anderes Existierendes »begegnet« :
Personen, Dinge, Ereignisse, die von meiner Existenz unabhängig
sind, diese liefern den Widerstand, an dem sich die Freiheit erweist. 
	»Die
	Freiheit impliziert also die Existenz einer zu verändernden
	Umgebung: zu überwindende Hindernisse, zu benutzende Geräte.
	Zwar enthüllt sie sie als Hindernisse, aber sie kann den Sinn
	ihres Seins durch ihre freie Wahl nur interpretieren. Sie müssen
	einfach da sein, ganz roh, damit es Freiheit gibt. Frei sein ist
	frei-sein-um-zu-handeln und frei-in-der-Welt-sein.« a.a.O. S.
	874) 
Manche
Hindernisse können unüberwindlich sein, eine Mauer zu hoch,
um sie zu überspringen, aber dies ist sie nur für meine
Wahl, meinen Entwurf sie zu überspringen. Unter dem
Existierenden ist der Nächste besonders wichtig. Mit dem
nächsten erweitert sich die Umgebung zur Welt aller, zur Welt
der Geschichte. Auch hier gibt es wiederum eine Grenze für mich.
Die Teilhabe an der Geschichte der Gattung ist begrenzt durch das
Faktum des Todes. Anders als bei Heidegger versteht Sartre unter Tod
das reine biologische Faktum, also keine Bestimmung des Fürsich,
sondern des An-sich: 
	»Aber
	die Möglichkeit meines Todes bedeutet eben lediglich, daß
	ich biologisch nur ein relativ geschlossenes, relativ isoliertes
	System bin, sie zeigt nur die Zugehörigkeit meines Körpers
	zur Totalität des Existierenden.« (a.a.O.S. 921) 
Meine
»Subjektivität, definiert durch das präreflexive
Cogito, macht aus meinem Tod ein unersetzbares Subjektives, und nicht
der Tod ist es, der meinem Für-sich die unersetzbare Selbstheit
gibt. In diesem Fall kann der Tod, weil er Tod ist, nicht als mein
Tod gekennzeichnet werden, und infolgedessen genügt seine
Wesensstruktur nicht, aus ihm jenes personalisierte, qualifizierte
Ereignis zu machen, das man erwarten kann.« (a.a.O. 920) 
Der
Tod ist eine Nichtung der Möglichkeiten, die außerhalb
meiner Möglichkeiten liegt (vgl. A.a.O. 923). 
Die
Situation hatte fünf Bestimmungen, die die Situation als
Inbegriff des Außen ausmachen, 1. der Person, 2. der Anderen,
3. der Dinge und Ereignisse und 4. der menschlichen Gattung und 5.
der Natur und Geschichte, dem jeweils ein Innen entspricht, meinen
Sein in der Situation. Die Situation ist keine subjektive
Konstruktion, auch nicht die Einheit der Eindrücke, sondern »die
Dinge selbst und ich selbst unter den Dingen« (a.a.O. S. 942).
Sie ist auch nicht rein objektiv im Sinne des Gegebenen, sondern eine
»Seinsbeziehung«  zwischen einem Für-sich und einem
An-sich. 
	»Sie
	ist die totale Faktizität, die absolute Kontingenz der Welt,
	meiner Geburt, meines Platzes, meiner Vergangenheit, meiner
	Umgebung, der Tatsache meines Nächsten - und sie ist meine
	grenzenlose Freiheit als das, was macht, daß es für mich
	eine Faktizität gibt.« (a.a.O. S.943) 
Es
handelt sich auch nicht um einen Determinismus, eine Kausalkette ist
keine Situation und die situativen Grenzen der Freiheit lassen die
Handlungen nicht zu bloßen Wirkungen äußerer
Ursachen oder Wirkungen systemischer Strukturen werden. 
Die
Freiheit gibt es Sartre zufolge nur als Paradoxes, die Situation ist
Grenze der Freiheit, nie Determination. Darum hat Freiheit etwas
Beängstigendes. Am Beispiel des Schwindelgefühls beim
Beschreiten eines Gebirgspfades (a.a.O. S. 93) zeigt Sartre, daß
sich im Schwindel Furcht und Angst mischen: Furcht wegen der
objektiven Gefahr, die sich physikalisch erklären läßt.
Angst ist die vor mir selber. Der Übergang vom Gegebenen zu dem,
wie ich mich dazu stelle ist entscheidend. Die objektive Gegebenheit
zwingt nicht das Verhalten auf. Dies ist in gewissem Sinne die
Ausrede, deren Rationalisierung der Determinismus ist: 
	»In
	jedem Fall von Reflexion entsteht die Angst als Struktur des
	reflexiven Bewußtseins, insofern sie das reflektierte
	Bewußtsein betrachtet; indessen kann ich gegenüber meiner
	eigenen Angst verschiedene Verhaltensweisen annehmen, vor allem
	Fluchtverhaltensweisen. (...) Der psychologische Determinismus ist,
	bevor er eine theoretische Konzeption wird, zunächst ein
	Entschuldigungsverhalten. Er ist ein reflexives Verhalten gegenüber
	der Angst, er behauptet, daß es in uns antagonistische Kräfte
	gibt, deren Existenztypus dem der Dinge vergleichbar ist, er
	versucht die Leeren, die uns umgeben, auszufüllen, die
	Verbindungen der Vergangenheit zur Gegenwart, der Gegenwart zur
	Zukunft wiederherzustellen, er versieht uns mit einer Natur, die
	unsere Handlungen hervorbringt, und er macht aus eben diesen
	Handlungen transzendente, er stattet sie mit einer Inertheit und
	einer Exteriorität aus, die ihnen ihre Grund in anderem als in
	ihnen selbst zuweisen und die außerordentlich beruhigen, weil
	sie ein unaufhörliches Spiel von Entschuldigungen
	konstituieren, er leugnet diese Transzendenz der menschlichen
	Realität, die sie in der Angst jenseits ihres eigenen Wesens
	auftauchen läßt; indem er uns darauf reduziert, immer nur
	das zu sein, was wir sind, führt er gleichzeitig die absolute
	Positivität des An-sich-seins in uns wieder ein und integriert
	uns wieder in das Sein. Aber dieser Determinismus als reflexive
	Abwehr der Angst bietet sich nicht als eine reflexive Intuition dar.
	Er vermag nichts gegen die Evidenz der Freiheit, deshalb bietet er
	sich als Zufluchtsglaube dar, als das ideale Ziel, zu dem wir vor
	der Angst fliehen können.« (a.a.O. S. 109f) 
Sartre
modifiziert Heideggers Ethik der Eigentlichkeit zu einer der
Authentizität, der freien Übernahme der letzten Kontingenz
des eigenen Daseins, nach der ich total verantwortlich bin für
mein Sein. Allerdings beinhaltet die Endlichkeit des Existierens
nicht bloß ein individuelles Abenteuer, wie es in der primären
Kontingenz erscheint, wie das bei Heidegger der Fall ist, sondern die
»Begegnung«  mit dem Anderen spielt hier herein. 
»Die
	Existenz des Anderen hat nämlich - und das wird der neue Gewinn
	sein, den wir aus der kritischen Prüfung der Heideggerschen
	Lehre ziehen - die Natur eines kontingenten und unreduzierten
	Faktums. Man begegnet dem Anderen, man konstituiert ihn
	nicht.« (a.a.O. 452) 
Hier
knüpft Sartre wiederum an Hegel an, an der Dialektik der
Selbstbewußtseine in der Phänomenologie des Geistes. Ein
Selbstbewußtsein ist immer nur für ein anderes
Selbstbewußtsein. Es kann nur es selbst sein, wenn es sich
einem anderen Selbstbewußtsein entgegensetzt und vermittels
eines Anderen seiner selbst bewußt wird. Dies erweist sich in
der Herr-und-Knecht-Dialektik. Knecht wird der, der anders als der
Herr, nicht todesbewußt und -bereit sein Leben daran setzt,
frei zu sein und das Überleben dem möglichen Tod im Kampf
vorzieht. 
Sartre
kritisiert aber Hegel, weil er nur ein thetisches Bewußtsein
vom Anderen kennt: 
	»So
	bleibt Hegel bei der vom Idealismus gestellten Frage - wie kann der
	Andere für mich Gegenstand werden? - auf dem Boden des
	Idealismus stehen: wenn es in Wahrheit ein Ich gibt, für das
	der Andere Gegenstand ist, so deshalb, weil es einen Anderen gibt,
	für den das Ich Gegenstand ist. Immer noch ist die Erkenntnis
	hier Maß des Seins, und Hegel kann sich nicht einmal denken,
	daß es ein Für-Andere-sein geben kann, das nicht
	letztlich auf ein 'Gegenstand-sein' reduzierbar ist. Deshalb kann
	das allgemeine Selbstbewußtsein, das sich durch alle diese
	dialektischen Phasen hindurch zu befreien sucht, auch seinem eigenen
	Geständnis einer reinen leeren Form gleichgesetzt werden: dem
	'Ich bin Ich'.« (a.a.O. S. 433) 
Hier
bringt Sartre Kierkegaard ins Spiel, der ihm zufolge die Ansprüche
des Individuums als solchen vertritt: 
	»Das
	Individuum verlangt seine Erfüllung als Individuum, die
	Anerkennung seines konkreten Seins und nicht das objektive
	Auseinanderlegen einer allgemeinen Struktur. Ohne Zweifel setzen die
	Rechte, die ich beim anderen geltend mache, die Allgemeinheit
	des Selbst; die Achtbarkeit der Personen verlangt die
	Anerkennung meiner Person als allgemeiner. Aber es ist mein
	konkretes individuelles Sein, das in dieses Allgemeine einfließt
	und es ausfüllt, für dieses Da-sein beanspruche ich
	Rechte, das Einzelne ist Träger und Grundlage des Allgemeinen;
	das Allgemeine kann in diesem Fall keine Bedeutung haben, wenn es
	nicht zum Zwecke des Individuellen existiert.« (a.a.O.
	S. 435) 
Damit
wird allerdings die Aufhebung des Konflikts verunmöglicht, die
gegenseitige Anerkennung wird prekär und unerreichbar, d.h.
absurd. Es entfällt jede Möglichkeit das Handeln an
unbedingt geltende Gebote zurückzubinden: 
	»Es
	kann nichts a priori Gutes mehr geben, da es kein unendliches und
	vollkommenes Bewußtsein mehr gibt, um es zu denken.« (Ist
	der Existentialismus ein Humanismus, S.15) 
	»Wenn
	wir sagen, daß der Mensch für sich selbst verantwortlich
	ist, so wollen wir nicht sagen, daß der Mensch gerade eben nur
	für seine Individualität verantwortlich ist, sondern daß
	er verantwortlich ist für alle Menschen.« a.a.O. S. 12) 
»Wählen,
	dies oder jenes zu sein, heißt gleichzeitig, den Wert dessen,
	was wir wählen, bejahen, denn wir können nie das Schlechte
	wählen. Was wir wählen, ist immer das Gute, und nichts
	kann für uns gut sein, wenn es nicht für alle gut
	ist.« (ebenda) 
Sartre
folgt hier dann doch dem kantischen Kategorischen Imperativ, wie
schon Kierkegaard. 
	»Indem
	wir sagen, daß der Mensch sich wählt, verstehen wir
	darunter, daß jeder unter uns sich wählt; aber damit
	wollen wir ebenfalls sagen, daß indem er sich wählt, er
	alle Menschen wählt. Tatsächlich gibt es nicht eine
	unserer Handlungen, die, indem sie das Bild des Menschen schafft,
	der wir sein wollen, nicht gleichzeitig ein Bild des Menschen
	schafft, so wie wir meinen, daß er sein soll.« (ebenda) 
Das
Für-sich ist allerdings nicht als ein Universelles zu denken,
anders als Kant akzeptiert er nicht die Gesetzesform des
kategorischen Imperatives: 
»Die
	Wahl des Für-sich ist immer Wahl der konkreten Situation in
	ihrer unvergleichlichen Einmaligkeit.« (Sein und das Nichts, S.
	1023) 
»Wir
	wollen die Freiheit um der Freiheit willen und durch jeden
	besonderen Einzelumstand hindurch. Und indem wir die Freiheit
	wollen, entdecken wir, daß sie ganz und gar von der Freiheit
	der anderen abhängt. Gewiß hängt die Freiheit als
	Definition des Menschen nicht vom andern ab, aber sobald ein
	Sichbinden vorhanden ist, bin ich verpflichtet, gleichzeitig mit
	meiner Freiheit die der anderen zu wollen, und ich kann meine
	Freiheit nicht zum Ziel nehmen, wenn ich nicht zugleich die der
	andern zum Ziel nehme.« (Ist der Existentialismus ein
	Humanismus S. 32) 
Wenn
allerdings der Kampf um Anerkennung weitergeht, so erschiene der
Erfolg als fraglich, wenn es keinen Grund gebe, sich auch so zu
verhalten. Dies ergibt sich aus der Notwendigkeit der Anerkennung. 
	»Um
	irgendwelche Wahrheit über mich zu erfahren, muß ich
	durch den anderen hindurchgehen. Der andere ist meiner Existenz
	unentbehrlich, ebensosehr wie er der Erkenntnis, die ich von mir
	selbst habe, unentbehrlich ist. Unter diesen Bedingungen enthüllt
	die Entdeckung meines Innersten mir gleichzeitig den andern, als
	eine mir gegenübergestellte Freiheit, die nur für oder
	gegen mich will. Somit entdecken wir sofort eine Welt, die wir
	'Zwischen-Ichheit' (Intersubjektivität) nennen wollen, und in
	dieser Welt entscheidet der Mensch, was er ist und was die anderen
	sind.« (a.a.O. S. 26) 
Die
Erfahrung des Cogito ist die des Gesehenwerdens von einem anderen
Menschen: 
»Kurz,
	das, was worauf sich mein Erfassen des Anderen in der Welt als
	wahrscheinlich ein Mensch seiend bezieht, ist meine permanente
	Möglichkeit von-ihm-gesehen-zu-werden, das heißt die
	permanente Möglichkeit für ein Subjekt, das mich sieht,
	sich an die Stelle des von mir gesehenen Objekts zu setzen. Das 'Vom
	Andern-gesehen-werden' ist die Wahrheit des 'Den-Anderen-sehens'.
	Demnach kann der Begriff des Anderen in keinem Fall ein isoliertes
	und weltjenseitiges Bewußtsein meinen, das ich nicht einmal
	denken kann; der Mensch wird durch Bezug zur Welt und durch Bezug zu
	mir selbst definiert; er ist jener Gegenstand der Welt, der ein
	inneres Abfließen des Universums bestimmt, eine innere
	Hämorrhagie; er ist das Subjekt, das sich mir in dieser Flucht
	vor mir selbst zur Objektivation hin entdeckt.« (Das Sein und
	das Nichts, S. 464f) 
Der
Blick des Anderen ist konstitutiv für die sozialen Beziehungen.
Sartre nimmt das Beispiel eines eifersüchtigen Liebhabers, der
durchs Schlüsselloch blickt und in dieser Situation gesehen
wird. Der Blick des Anderen macht mich zum Ding, macht die Welt zu
der des Konflikts, der Verdinglichung und Entfremdung. Hierbei haben
wir zwei Grundhaltungen, die des Masochismus und des Sadismus, den
Versuch die Freiheit des Anderen zu negieren oder sich dem Andern
anzugleichen. 
Es
ist leicht zu erkennen, daß es in »Das Sein und das
Nichts«  einen Bruch gibt zwischen ontologischer Begriffswelt
und Sartres Realanalysen. Existentialistische Freiheit besteht trotz
aller Unterdrückung, der der Mensch in der Empirie unterliegt.
Marcuse moniert, daß trotz dialektischen Stils, die Begriffe
undialektisch sind. So fallen sie als ontologische Begriffe selber
unter seine Kritik als idealistischer Mystifikation: 
»Nun
	aber erkennt er die Tatsache an, daß die Existenz des Menschen
	in der empirischen Wirklichkeit auf eine solche Weise organisiert
	ist, daß seine Freiheit völlig ´entfremdet´
	ist und daß nichts als eine revolutionäre Veränderung
	in der Struktur der Gesellschaft die Entfaltung seiner Freiheit
	wiederherstellen kann. Wenn das wahr ist, wenn durch die
	Organisation der Gesellschaft die Freiheit des Menschen in solchem
	Ausmaße entfremdet sein kann, daß sie fast zu existieren
	aufhört, dann ist menschliche Freiheit wesentlich nicht durch
	die Struktur des ´Für-sich´ bestimmt, sondern durch
	die spezifischen historischen Kräfte, welche die menschliche
	Gesellschaft formen. « Herbert Marcuse, Existentialismus in:
	Kultur und Gesellschaft 2 Frankfurt 1979, S.75f 
 
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