Teil 29

"» Nach der Arbeit«

Am Abend kehrten die Arbeitskommandos durch das Tor ins Lager zurück, selbstverständlich wieder unter den Klängen der geräuschvollen Häftlingskapelle.

In den ersten Reihen gingen die Kapos, häufig so betrunken, daß sie sich kaum auf den Beinen halten konneen. Sie kauften den Sprie oder Wodka von den SS-Leuten der Wachmannschaft oder von den Zivilangestellten an den Arbeitsplätzen.

Die letzten Reihen jedes Kommandos trugen die toten oder verwundeten Kameraden.

Im Lager angekommen, traten alle Häftlinge, erschöpft und schmutzig, zum Abendappell an. Diese Appelle dauerten lange, manchmal bis in die Nacht hinein, weil die Zahl der Häftlinge oft nicht stimmte.

Fehlte auch nur ein Häftling oder konnten die Häftlinge nicht zusammengezählt werden, mußten Zehntausende stundenlang stehen, ganz gleich, bei welchem Wetter, genauso wie sie bei jeder Witterung zur Arbeit gehen mußten, ohne sich bei schlechtem Wetter irgendwo Schutz suchen oder ihre Kleidung trocknen zu können.

Am linken Flügel jedes zum Appell angetretenen Blocks lagen stets einige Tote und Sterbende, die, bar jeder Pflege und Hilfe, warten muBten, bis der Appell be endet war. Unbeachtet lagen sie im Dreck oder Schnee, und viele von ihnen erlebten das Ende des Appells gar nicht mehr."

  • Ota Kraus / Erich Kulka, Todesfabrik Auschwitz, S. 58f